Leserbrief zum O1: Max von Trott

Sporthalle im O1 – ein Appell an die Stadträte

Am kommenden Dienstag wird im Stadtrat über die Zukunft des O1 und der geplanten Sportstätte beraten.

Die Turnhalle in die Hülle des großen O1 einzupassen, war eine großartige Idee: Einerseits sollte das schützenswerte und für Eisenach identitätsstiftende und wichtige Industriedenkmal endlich gerettet werden. Andererseits konnte auch das Projekt Turnhalle städtebaulich sinnvoll untergebracht werden. Große Sporthallen sind introvertierte Gebäude, die nach außen geschlossen wirken und mit ihren Fassaden nicht zur Belebung des öffentlichen Raumes beitragen.

Ein Eisenacher Architekturbüro hatte vor Jahren einen guten Plan entworfen, wie man eine Halle in das Hallenbauwerk hineinstellen und dabei die Fassade erhalten konnte. Dieser Plan ließ, vereinfacht gesagt, innen vor der Fassade eine Tragachse stehen, so dass wie bei einem Donut nur ein Ring stehen blieb. In der Mitte konnte man eine vergleichsweise preisgünstige Halle hineinbauen, die sich nur noch um Wärmeschutz kümmern musste, nicht mehr um eine schöne Fassade. Für die Sanierung der wohlproportionierten und denkmalgeschützten Ziegelfassade wären EFRE-Fördermittel aufgekommen.

Doch dann gab es eine Komplikation. Nach vielen verschiedenen Gesprächen in Erfurt fand sich die Stadt aus fördertechnischen Gründen mit einem Projekt wieder, das neben der Halle auch eine Berufsschule im O1 vorsah. Viele Architekten rieten davon ab, aber die Fördermittelpolitik gab den Takt vor. Ein Wettbewerb wurde ausgelobt, mit einem mächtigen Raumprogramm in dieser schwierig zu bearbeitenden Bausubstanz: Das O1 wirkt mit seiner Ziegelsteinfassade recht massiv, doch das täuscht. Es ist ein weit gespanntes Stahlskelett, mit weiten Stahlgefachen an der Fassade, die nur 12 cm stark mit Ziegelmauerwerk ausgefüllt sind. Man kann von einer „Ziegelhaut“ sprechen. Die durchgehenden Stahlträger sind problematische Wärme- und Schallbrücken. Mit der höherwertigen Nutzung Berufsschule und der intensiven Nutzung jedes Kubikmeters wurde die Bautechnik erheblich aufwändiger. So aufwändig, dass die Kosten durch die Decke gehen mussten und nun das Projekt ins Wanken geraten ist.

Jetzt wird lebhaft darüber diskutiert, ob man nicht das ganze Problem O1 erst einmal verschieben und stattdessen eine neue Halle davor bauen solle. In das O1 könne man später eine Bildungseinrichtung bauen, z.B. das zusammengelegte Elisabeth- und E.-Abbe-Gymnasium.

Von dieser Überlegung sollte dringend abgeraten werden: Die große Dreifeldhalle vor dem O1 würde dem Denkmalwert von O1 und Automobilmuseum abträglich sein. Neben der neuen Halle stünde dann noch immer das unsanierte O1, die Diskussionen über die Schulbauten darinnen würden Jahre dauern, bis man übereinkommen wird, dass Abriss und Neubau günstiger sein werden. Es ist viel einfacher und preisgünstiger, eine Halle in das O1 zu bauen, als eine Schule. Die freie Fläche vor dem O1 würde sich viel besser für einen Schulneubau eignen. Mit vielen Türen und Fenstern und einem schönen Schulhof würde er zu einem belebten Campus beitragen können.

Werte Stadträte, geben Sie dem O1 und dem Heinrich-Erhardt-Platz diese vielleicht letzte Chance und lassen Sie sich auf eine Untersuchung ein, die die Errichtung einer Turnhalle ohne Berufsschule im Denkmal prüft. Die vermeintliche Reißleine mit dem Neubau wird eine Menge neue Probleme schaffen, die Ihnen jetzt noch nicht bewusst sind. Wir fangen nicht bei Null an. Es gibt schon so viel Grundlagenwissen, Entwürfe und Berechnungen. Es ist viel wahrscheinlicher, dass dieses Mal die Rettung des O1 mit der Sporthalle gelingen kann. Schauen Sie sich einmal den alten Entwurf an und lassen sie sich auch die städtebaulichen Entwicklungschancen mit einem sanierten O1 aufzeichnen – ein guter Städtebau erfordert Durchhaltevermögen.

Max von Trott, 08.05.2020